RIFF meets ROZZ
33 Jahre sind für eine Band ein stolzes Alter und ein Grund zum Feiem – aber kein Grund für musikalische Stagnation. Im Gegenteil, sagt die bekannte Berliner Latin- und Soul-Formation RIFF, und feiert mit ihren Fans am 04. und 05.12.2009 in der UFA-Fabrik ein Jubiläums-Konzert mit ROZZ, Musikerkollegen aus alten Tagen, die nach 30 Jahren eine Revival hinlegen.
Wer beim Begriff „Riff“ an die musikalische Kategorie des breiten Mehrklangs denkt, der liegt bei der gleichnamigen Berliner Band RIFF nicht ganz falsch. Ebenso satte wie präzise Bläsersätze sind so etwas wie ihr Markenzeichen, und das über alle von ihr beherrschten Stilarten hinweg, von Latin undJazz über Soul und Gospel bis zu Funk sowie dem Gemisch aus all dem, früher gern ,,Fusion“ bezeichnet. Mehr noch: die standfeste Bläsersektion aus viel Blech plus Querflöte ist eine tragende Säule des markanten RIFF-Sounds. Und das seit nunmehr 30 Jahren, was schon mal in jeder Hinsicht als stolze Leistung gelten sollte. Es darf aber auch beklatscht werden, denn die Band feiert ihr 33. Jahr mit einem Jubiläumskonzert.
,,Wir haben uns aber von Anfang an auch mit der zweiten Bedeutung von Riff identifiziert: die Gesteinsformation, an der sich die Wellen brechen, der Fels in der Brandung“, erzählen Wolfram Brandt und Andreas Sämrow, Trompete und Bass, Mitbegründer und heute so etwas wie die guten Seelen von RIFF. ,,Die späten Siebziger waren ja- in ‚Westberlin‘ ganz besonders – eine Zeit reger politischer Diskussionen und Aktivitäten, dem konnte man sich auch als Musiker nicht entziehen. Wir wollten uns auch mit unserer Musik ausdrücken und, getreu des Namens, im Meer des Mainstreams für Wirbel sorgen.“
Gegründet 1976 und aus der Taufe gejammt bei einer WG-Party in Kreuzberg, bezog RIFF also stilistisch Position: Die musikalische Liebe galt Salsa und Latin, dem Sound aus Kuba und Nicaragua. Ein bis dahin in Deutschland noch kaum bespieltes Genre, dass zu jener Zeit weniger für Ethno oder Multikulti stand, sondem mehr als ein Solidaritäts-Bekenntnis zu Latein-Amerika interpretiert wurde. ,,So spielten wir häufig auf Solidaritätsfesten, 1. Mai-Feiern und so weiter, für die Linke war Latin die politisch korrekte Mucke. Doch Salsa ist nun mal Tanzrnusik, deswegen platzierte man uns bevorzugt zu später Stunde, wenn Protestsänger und Politrocker durch waren und alle nur noch schwoofen wollten. Die meisten von uns zählten sich persönlich durchaus zum linken Spektrum, doch als Band definierten wir uns primär über die Musik und über musikalische Güte.“
Wer die komplexen Strukturen von Salsa- und Jazz-Stücken kennt, mit ihren ausgefeilten, polyrhythmische Groove-, Bläser- und Gesangs-Arrangements, der weiß, wie viel Arbeit das im Übungsraum macht. RIFF suchte zudem die Symbiose mit Jazz, Soul, Rock und eben ,,Fusion“. Ihr Repertoire, bis heute mehrheitlich Coverversionen, ist stets eine wohlfeile Auslese exzellenter Komponisten, von Tito Puente und Santana über Hiram Bullock und John Handy bis hin zu Tower of Power.
Doch RIFF hatte über all die Jahrzehnte stets viel zu viele gute Musiker an Bord, als dass diese aus den Adaptionen nicht veritable Interpretationen mit eigener musikalischer Handschrift entwickelt hätten: leichtfüßig, augenzwinkernd und entspannt. Zugleich veränderten sich über die Jahre auch die musikalischen Schwerpunkte: je nach Besetzung und Zeitgeist mal improvisationsfreudiger Jazz oder tanzlastiger Soul-Funk, aber stets erkennbar ,,riffig“ relaxt. Gleichwohl versteht sich die mitunter 15-köpfig auflaufende Band, die von Beginn an als Kollektiv funktionierte, in ihrer Textauswahl nicht als völlig unpolitisch. Wenn Sängerin Ute Kannenberg die Groove- Teppiche etwa mit dem Rezitieren literarischer Texte kombiniert, verleiht das dem satten, treibenden Sound eine zusätzliche Kraft. Dogmatisch war RIFF jedoch nie, viel lieber sympathisch selbstironisch.
Foto: Ute Kannenberg (Tanja Berg, Künstlername)
Dafür sorgt gerne die über RIFF hinaus bekannt gewordene, charismatische Kannenberg. Ausdrucksstark und mit formidablem Scat-Gesang bewegt sie sich zwischen Jazz, Lyrik und Prosa. Ihrem Hang zu kompositorisch-klanglichen Experimenten widmete sie sich in den Achtziger Jahren mit ihrem Solo-Projekt ,,UteKaBand“, an dem auch eine Reihe RIFF-Musiker mitwirkten. Weitere Side-Projects einzelner Musiker in verschiedenen Bands unterschiedlicher musikalischer Richtungen halfen RIFF über eine jahrelange Phase der Zellteilung hinweg.
Foto: Ute Kannenberg i.d. 70er Jahren
Zueinander und ihren alten Konsens fanden die,,RIFFies“ dann Mitte der Neunziger wieder. Zwar mussten und müssen einige stets aus größerer Entfemung anreisen, doch für drei Auftritte pro Woche, die zu den aktivsten Zeiten Ende der 70er anstanden, haben die berufstätisen Musiker ohnehin nicht mehr die Zeit.
Der Performance und dem Spaß tut dies keinen Abbruch. In einer Mischung aus RlFF-Standards und Experimentierlust kann RIFF die gebündelte musikalische Reife ihrer Stamm-Formation im Wortsinne voll ausspielen und bei Bedarf auch professionelle Musiker einbinden. Befreit von der Beweislast früher Band-Jahre und neugierig auf neue Begegnungen nutzt RIFF seine wenigen Auftritte zu immer wieder spannenden Kollaborationen.
So begeisterte die Band im vergangenen Jahr eine proppevolle Ufa-Fabrik beim Zusammentreffen auf den Berliner Soul-Chor mit wunderbar umgesetzten Soul- und Gospel-Standards; ein denkwürdiges, tolles Konzert.
Für das Jubiläumskonzert zum 30. Bandgeburtstag traf RIFF mit afrikanischen Musikern aus Berlin zusammen: Abdourahmane Diop und dessen Griot Music Company feierten gemeinsam mit RIFF im Veranstaltungssaal CHIP in Kreuzberg.
Henry Steinhau
(aktualisiert durch Jörg Kleine-Tebbe)